Blautopf

16 km westlich von Ulm liegt Blaubeuren. Dort am Rande der Stadt befindet sich eine Karstquelle – der Blautopf. Er bildet den Abfluß der Blauhöhle und speist den Fluß Blau, der ca. 14,5 km weiter östlich in die Ulmer Donau mündet. Eine Karstquelle ist eine Stelle in einem Karstgebiet, an dem Wasser wieder an die Oberfläche tritt, das in einem größeren Gebiet versickert ist. Dieses Karstgebiet besitzt nur einen unterirdischen Wasserabfluß, keine oberirdischen Gewässer. Die Schüttung der Quelle ist sehr stark niederschlagsabhängig. Gewöhnlich schwankt sie zwischen 310 l/s und 32.000 l/s. Bei Regenfällen und Schneeschmelze steigt die Schüttung des Blautopfs stark an. Nach dem Aachtopf ist der Blautopf die Quelle mit der zweithöchsten Schüttung Deutschlands.



Die Albhochfläche besteht aus porösem und brüchigem Kalkgestein, das in sich stark zerklüftet und verwittert ist. Die Regenfälle auf der Alb sammeln sich nicht in Flüssen, sondern versickern sofort in den Untergrund. Innerhalb des Bergmassivs sind weitverzweigte Höhlensysteme entstanden, die je nach Wasserspiegel unterirdische Höhlenflüsse führen oder zwischenzeitlich Trockenhöhlen sind. Letztere sind teilweise erschlossen und können besichtigt werden: die Tiefenhöhle in Laichingen, die Sontheimer Höhle am Ende des Tiefentals und die Schertelshöhle bei Westerheim. In den Trockenhöhlen entstehen durch Kalkauswaschungen Tropfsteine.

Um den Blautopf herum befindet sich ein großes weitverzweigtes Höhlensystem, in dem große Wassermassen gesammelt werden. Diese drängen am Blautopf an die Oberfläche. Das Höhlensystem ist von der Urdonau angeschnitten worden. Der Ausgang wurde teilweise durch Flußschotter wieder verschüttet. Trotzdem haben sich die Wassermassen einen Weg an die Oberfläche gebahnt. Durch diesen Wasserdruck ist ein trichterförmiger Quelltopf entstanden, der eine Tiefe von 21 m erreicht hat. Das Wasser hat Sommer wie Winter eine konstante Temperatur von 9 Grad Celsius. Es stammt aus einem Einzugsbereich von ca. 150 bis 160 Quadratkilometern (ein Gebiet um die Gemeinden Westerheim, Laichingen, Feldstetten, Sontheim, Suppingen und Berghülen). Das Wasser braucht nur wenige Tage von der Albhochfläche bis zu seinem Austritt am Blautopf. In Rissen, Spalten, Röhren und unterirdischen Seen sammelt sich das Sickerwasser der Albhochfläche im Berginneren und wird unter dem hydrostatischen Druck des eigenen Gewichts am Südrand der Schwäbischen Alb herausgepresst. Der hohe Wasserdruck schafft eine spiegelgleiche Oberfläche. Die Farbe des Blautopfs macht seinem Namen nicht immer Ehre. Nur nach längeren Regenpausen zeigt er ein intensives Blau. Die anderen Farben des einfallenden Lichts werden verschluckt. Nach Niederschlägen und in der Schneeschmelze ist das Blautopfwasser grünlich oder wegen der mitgeführten Schmutzteilchen aus dem unterirdischen Höhlensystem sogar schmutzig braun. Im Sommer, nachdem es länger nicht geregnet hat, zeigt er seine tiefblaue wunderschöne Farbe jedoch in voller Pracht.



Früher war der Blautopf nur ein "Töpfchen" mit ca. 10 m Durchmesser und 10 m Tiefe. Der Talboden lag 25 m tiefer als heute. Die Blautopfquelle dürfte einen sehr kurzen Nebenfluß der Donau gespeist haben. Als die Urdonau das von ihr gegrabene Tal zuschotterte, wurde der Blautopf immer mehr bedrängt. Der hohe Wasserdruck – vor allem bei Hochwasser – hat ihm aber immer wieder Luft verschafft.

Im Laufe von Jahrhunderttausenden hat das Wasser ein großes Höhlensystem geschaffen, die Blauhöhle. Diese wurde bis Mitte der 1980er Jahre u. a. von Jochen Hasenmayer erforscht. Dieser erfahrene Taucher entdeckte große Teile der Blauhöhle und benannte die gefundenen Hallen unter anderem "Mörikedom". Da Hasenmayer nach einem Tauchunfall querschnittsgelähmt war konstruierte er den "Speleonauten", eine Art Ein-Mann-U-Boot, mit dem er seine Forschungen innerhalb der Blauhöhle fortsetzen konnte. Allerdings stößt er mittlerweile an seine Grenzen, da zwar die ersten 1200 Meter der Blauhöhle wassergefüllt, die weiteren Teile jedoch trocken sind. So kommt seit 2006 die Arbeitsgemeinschaft Blautopf zum Zuge. Diese entdeckten am 23.09.2006 eine riesige Halle, die sie "Apokalypse" nannten. Diese Halle ist trocken und stellt mit ihrer Größe (170 m Länge, 50m Breite und 50m Höhe) eine Besonderheit in dieser Region dar.




Der erste Taucher, ein sogenannter Helmtaucher, stieg 1880 in den Blautopf. Der Grund der Quelle wurde jedoch erst 1957 von einem Taucher erreicht. Der Einstieg in die Blauhöhle liegt in einer Wassertiefe von ca. 18 m und kann aus diesem Grund nur von gut ausgebildeten Höhlentauchern erreicht werden. Das Tauchen ist besonders schwierig, da eine extrem starke Strömung besteht und weil das Höhlensystem sich an einigen Stellen düsenartig verengt. Da mehrere Tauchgänge von Hobbytauchern tödlich endeten, wurde der Blautopf in den 1980ern für Taucher gesperrt. Sondergenehmigungen haben nur Einsatztaucher der Wasserrettung, die ARGE Blautopf der Höhlenforschungsgruppe Ostalb Kirchheim und eine Gruppe von Höhlenforschern um Jochen Hasenmayer. Der letzte schwere Unfall ereignete sich 2003, als ein Mitglied des Hasenmayer-Teams tot geborgen wurde.

Die Lage des Blautopfes in einem engen Talwinkel, seine mystische Farbe und die Tiefe haben dazu geführt, dass er Ort für verschiedene Sagen und Legenden wurde. Die tiefblaue Farbe des Wassers wurde zum Beispiel dadurch erklärt, dass täglich ein Faß voll Tinte hineingeleert wurde. Das Volk dachte damals, der Blautopf sei bodenlos. Versuche, die Tiefe mit einem Bleilot zu messen, sollen immer von einer Nixe vereitelt worden sein, die das Gewicht stahl. So war es nicht möglich, die Tiefe der Quelle zu bestimmen. Tatsächlich wurde bereits 1718 nach einer Lotung die Tiefe mit 62 ½ Fuß ziemlich genau angegeben.



Eduard Mörike erzählt in seiner Geschichte "Das Stuttgarter Hutzelmännle" eingebettet in die Rahmenhandlung eines Wandergesellen, der über die Alb nach Blaubeuren zieht, einige der damals entstandenen Sagen. Besonders ausführlich wird die Geschichte der "Schönen Lau" erzählt. Sie ist die Tochter einer Menschenfrau und eines Wassernix aus dem Schwarzen Meer. Sie wird von ihrem Ehemann, einem Donaunix, in den Blautopf verbannt, weil sie nicht lachen konnte und nur tote Kinder gebahr. Sie durfte erst zu ihm zurückkehren und ein lebendiges Kind bekommen, wenn sie fünfmal gelacht hatte. Im Kontakt mit den Blaubeurer Bürgern lernt sie das Lachen wieder, was ihr zur Rückkehr ins Schwarze Meer verhilft. Der Schönen Lau ist am Blautopf hinter der Hammerschmiede ein Denkmal gesetzt worden.

Auch eines der mächtigsten Felsgebilde der Stadt kommt in Mörikes Geschichte vor. Seither gehört dieser Fels, genannt das "Klötzle Blei", zu den Wahrzeichen Blaubeurens.


"s leit a Klötzle Blei glei bei Blaubeura -
glei bei Blaubeura leit a Klötzle Blei..."


Man glaubt, dass schon in vorchristlicher Zeit Kultstätten am Blautopf waren. So wurden zum Beispiel in einem Umkreis von ca. 30 km Keltengräber gefunden. Bald nach der Christianisierung entstand am Blautopf eine Kirche. Am Platz der Kirche wurde später das Kloster gegründet, das bis heute mit dem Blautopf eine reizvolle optische Einheit bildet. Jahrhundertelang fanden Prozessionen zum Blautopf statt.


Bis auf das Foto von der Schönen Lau stammen alle Fotos von mir.